Kloster Magdenau
Zisterzienserinnenabtei

Unser Religiöses Leben

Die Grundideen des Mönchtums

Im 3. Jahrhundert nach Christus. – Griechisch war in Ägypten damals noch Amtssprache – betrat ein 18-jähriger Mann die Kirche, gerade als der Diakon die Stelle aus dem Evangelium vorlas: „Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkauf deinen Besitz und gib ihn den Armen; und du wirst einen Schatz im Himmel haben; und komm, folge mir nach!“ (Mt 19,21). Der Satz traf den jungen Mann mitten ins Herz. Er hielt es keinen Augenblick mehr länger in der Kirche aus, eilte hinaus und verschenkte den Grossteil seines Vermögens den Armen. Als er bei einem anderen Kirchenbesuch den Satz vernahm: „Sorgt euch nicht um das Morgen“ (Mt 6,34), verschenkte er auch den Rest seiner Habe und wurde Einsiedler. Er hiess Antonius.


Der wortmächtige Theologe und Kirchenvater Athanasius (ca. 295-373) skizzierte in seiner Vita des heiligen Antonius die Fussstapfen, in die alle nachfolgenden Generationen der christlichen Mönche und Nonnen traten.


Sie alle lockte ein innerer Ruf zum Wagnis: Sie sagten der Versuchung ab, alles auf die Anerkennung der Menschen zu setzen, kehrten ihrem gewohnten Alltag den Rücken zu und suchten das Glück im Dasein vor Gott. Nicht zu scheinen, sondern zu sein, das war ihr Programm.


Sie beobachteten akribisch ihre inneren Vorgänge und stellten fest, dass es im menschlichen Innern Kräfte gibt, die – wenn sie Oberhand gewinnen – den Menschen ins Unglück stürzen können. Sie nannten diese Spannungen „Gedanken“. Der gebildete Mönch Evagrios Pontikos (345-399) zählte deren acht auf: Fresslust, Unzucht, Habsucht, Kummer, Wut, Überdruss, eitler Ruhm, Hochmut. Ob diese alle die Seele belästigen oder nicht, hänge nicht von uns ab. Ob sie jedoch verweilen oder nicht, Leidenschaften anregen oder nicht, das hänge von uns ab. Evagrios sowie andere Mönchsväter und geistliche Mütter lehrten, dass es die Aufgabe der Mönche und Nonnen ist, sich um Ausgeglichenheit zu bemühen, auch und gerade inmitten negativer Gedanken und Gefühle. Ihre Devise lautete: Erkenne dich selbst!


Dieser innere Prozess dauert ein Leben lang und der Mensch ist bei ihm auf die Unterstützung anderer angewiesen. So zeichneten sich zeitgleich mit der Entstehung des Mönchtums zwei Strömungen ab: Die eine betonte, wie förderlich für die innere Läuterung die Einsamkeit ist, die andere betonte den Wert der Gemeinschaft, die dem Mönch oder der Nonne unter die Arme greifen kann, wenn er oder sie in Not gerät.


Als das Mönchtum im 5. Jahrhundert auch im westlichen Teil des römischen Reiches heimisch wurde, fingen die Äbte an, Mönchsregeln zu formulieren und aufzuschreiben. Diese Werke enthielten spirituelle und praktische Weisungen für das klösterliche Leben und ermöglichten ihre Weitergabe an kommende Generationen.


Aus der Vielzahl der verschiedenen Regeln wählte Karl der Grosse (747-814) die Regel des heiligen Benedikt von Nursia (480-547) aus und förderte ihre ausschliessliche Geltung in den Klöstern seines Reiches. Dank der tatkräftigen Unterstützung durch Benedikt von Aniane (750-821) wurde die Regel des heiligen Benedikt in den abendländischen Klöstern weitgehend anerkannt, obwohl bereits zu dieser Zeit Einzelheiten als überholt galten und nicht befolgt wurden.


Im 10. Jahrhundert bildeten sich in den Klöstern vielfältige Bräuche aus, die eifrig bis heftig diskutiert wurden, und im 11./12. Jahrhundert erwachten zahlreiche Reformbewegungen, die das alte Ideal des streng asketischen Mönchtums wieder aufleben lassen wollten. Die sozialen Strukturen des Mittelalters hatten sich aber gegenüber der Antike stark verändert. Die Einzelnen lösten sich aus dem Sippenzwang, entdeckten ihren Charakter und ihren Willen, befassten sich mit ihren Neigungen und Gefühlen. Diese Betrachtung des Menschen als Individuum verlieh auch dem Mönchtum einen neuen Schwung.


So nannte die Reformbewegung von Cîteaux, aus der der Orden der Zisterzienser und Zisterzienserinnen erwuchs, ihr grundlegendes Dokument „Carta caritatis“, und die Gottes- und Menschenliebe wurde zum leuchtenden Leitstern, der unzählige Menschen für den Eintritt ins Kloster begeisterte.


In allen nachfolgenden Epochen und besonders in Zeiten des Umbruchs suchte das Mönchtum nach Möglichkeiten, wie sich das spirituelle Erbe in die Zukunft hinüberretten liesse; es wurde innovativ und offen für unkonventionelle Lösungen. Der Weg glich oft einer schmalen Gratwanderung und als die 1968er-Revolte bis in die Klöster ihre Wellen schlug, einer Suche nach Balance. Trotz dem Auf und Ab blieben die Themen der ersten Jahrhunderte lebendig und massgebend. Sie prägen ebenso das klösterliche Leben in der Gegenwart.


Auch heute versuchen wir Magdenauer Nonnen jeden Tag offen für das Wort Gottes zu sein und sich von ihm treffen zu lassen. Auch heute ringen wir um eine ehrliche Selbsterkenntnis und bemühen uns, auch unter widrigen Umständen heitere Gelassenheit zu bewahren. Auch heute sind wir ins Kloster eingetreten, um die innige Liebe zu erlangen, mit der uns Gott begegnet, und die das Leben im Kloster spannend und lebenswert macht.